AUS/EINANDER

 

 

Prolog

 

 

Herz:               Mich hats erwischt. Gottscheiße, mich hat’s erwischt.

 

Dunkelheit:     Ruhig.

 

Herz:               Ich muss sterben.

 

Dunkelheit:     Ach was. Das wird schon --

 

Herz:              Sag das nicht. Sag nicht, das wird schon. Fucker. Du weißt haargenau, dass das nicht mehr wird.

 

Dunkelheit:    Darfst nicht so schnell aufgeben.

 

Herz:              Das sagt sich so leicht.

 

 

1.

 

Ein Zimmer. Eine Frau telefoniert.

 

 

Sie:                  Es geht nicht. Ich kann nicht mehr. Ich kann nicht ständig soviel Kraft

aufbringen. Das geht nicht. Es bringt auch nichts, wenn du sagst, das wird schon.

Ich weiß, dass du es nicht mit Absicht machst. Ich weiß. Aber. Nein. Nein.

Verstehst du mich? Natürlich geht’s mir um mich. Wenn du mir nicht gut tust.

Ja. Tust du nicht. Weil du dich einfach nicht bewegst. Ja. Du bleibst stur sitzen,

du bist einfach zufrieden mit allem. Und ich eben nicht. Für mich – ich brauche

Veränderung. Ich will ein Kind. Ich will eine Familie. Ich weiß. Ja. Aber dein

„irgendwann“ reicht mir nicht. Ich kann nicht darauf warten, verstehst du das

denn überhaupt nicht. Ja, es ist auch deine Schuld. Ja ist es. Schrei mich nicht

an. Das habe ich nicht verdient. Wir können uns ja wohl – was? Ich habe dich

nicht angerufen. Du bist so ein Arschloch. Ich hasse dich. Du bist unfair.

Wirklich. Du bist sowas von schwach. Ja. Fick du dich auch. Wirklich. Fick dich.

 

 

2.

 

Ein Badezimmer. Ein Mann sitzt mit bloßem Oberkörper auf dem Badewannenrand. Nachdem er den Stöpsel in den Abfluss gesteckt hat, dreht er den Wasserhahn auf.

 

 

Er:                   Vielleicht hätte ich mal weinen sollen. Aber wenn man absichtlich weint, ist

das doch kein Weinen mehr. Oder? Das letzte Mal war – nein, ich kann mich

nicht daran erinnern, einmal richtig geweint zu haben. Kein Wunder, dass sie

gesagt hat, dass sie manchmal glaubt, ich bin gar kein Mensch. Vielleicht stimmt

ja was mit meinen Tränenkanälen nicht. Vielleicht bin ich aber auch kein

Mensch.

 

3.

 

Ein Zimmer. Ein Mann sitzt auf dem Boden, vor ihm der Anrufbeantworter. Er drückt auf einen Knopf.

 

 

Frauenstimme:           Hallo. Wir sind im Augenblick nicht da. Aber hinterlassen Sie

doch eine Nachricht, und wir rufen zurück. Versprochen.

 

Der Mann hört genau zu, schließt dabei die Augen. Dann drückt er wieder auf einen Knopf.

 

Frauenstimme:           Hallo. Wir sind im Augenblick nicht da. Aber hinterlassen Sie

doch eine Nachricht, und wir rufen zurück. Versprochen.

 

Der Mann lächelt. Wieder drückt er den Knopf.

 

Frauenstimme:           Hallo. Ich bin im Augenblick nicht da. Habe ihn verlassen. Ich

komme auch nicht wieder zurück. Versprochen.

 

Der Mann nimmt den Anrufbeantworter und wirft ihn gegen die Wand.

 

 

4.

 

Eine Kinokasse. Hinter der Theke die Kartenverkäuferin. Ein Mann steht davor.

 

 

Verkäuferin:                Hallo.

 

Er:                               Hallo. Einmal.

 

Verkäuferin:                Bitte?

 

Er:                               Einmal. Eine Karte.

 

Verkäuferin:                Ja – d a s  geht nicht.

 

Er:                               Warum?

 

Verkäuferin:                Wissen Sie doch.

 

Er:                               Nein – ich.

 

Verkäuferin:                Soll das ein Test sein?

 

Er:                               Nein, ich will nur –

 

Verkäuferin:                Oder ein Witz vielleicht? Jaaaa.. Das ist es. Ein Witz. Sie Scherzkeks.

 

Sie lacht.

 

Er:                               Warum lachen Sie jetzt.

 

Verkäuferin:                Weil es so komisch ist. Sie gehen ins Kino und kaufen eine einzige Karte!

 

Er:                               Ja.

 

Verkäuferin:                Dabei weiß doch jedes Kind, dass niemand alleine ins Kino geht.

 

Er:                               Warum nicht?

 

Verkäuferin:                Weil es der traurigste Anblick der Welt ist natürlich.

 

 

5.

 

Ein Mann liegt im Bett, auf dem Rücken. Er starrt an die Decke. Dann steht er auf, geht einige Schritte in den Raum hinein. Er bleibt stehen, unschlüssig.              

 

 

Er:                               Denk nicht daran. Nicht daran denken, sonst wird es nur schlimmer. Du

könntest was kochen. Oder den Boden putzen.

 

Der Mann denkt nach.

 

Er:                               Aber ich habe kein Hunger. Und der Boden ist nicht schmutzig.

 

 

Der Mann schlägt sich plötzlich mit beiden Fäusten an die Schläfen.

 

Er:                               Raus aus meinem Kopf. Geh da raus. Gehrausgehrausrausraus.

 

 

 

6.

 

Ein Stuhlkreis, vier Stühle um einen Stuhl in der Mitte. Ein Mann sitzt darauf.

 

 

Stuhl 1:            Du musst dich positiv verletzbar machen.

 

Stuhl 2:            Das muss von dir aus kommen.

 

Stuhl 3:            Sonst hat das alles keinen Sinn.

 

Stuhl 4:            Keine Angst.

 

Stuhl 2:            Lass es einfach raus. Einfach reden.

 

Stuhl 1:            Das tut so gut. Reden.

 

Stuhl 3:            Da gibt es auch kein Richtig oder Falsch.

 

Stuhl 2:            Denken immer viele.

 

Stuhl 4:            Das ist auch ein Problem. Dieses Schwarz-Weiß-Denken.

 

Stuhl 1:            Ganz genau. Ganz genau.

 

Stuhl 2:            Das muss man verändern. Und Veränderung kann im Hier und Jetzt beginnen.

 

Stuhl 3:            Ein Schritt folgt dem anderen.

 

Stuhl 1:            Es geht um Unterstützung bei der Herstellung einer positiven, sich selbst

bejahenden Identität, Wachstum, Übernahme von Verantwortung und schließlich Hoffnung. 

 

Stuhl 2:            Genau.

 

Stuhl 3:            Ja. Ganz genau.

 

Stuhl 4:            Diese Gruppe ist nicht für dich geeignet, wenn du dich in einer schweren

Lebenskrise befindest oder massive psychische Probleme hast.

 

Stuhl 1:            Hast du die?

 

Stuhl 2:            Weil dann –

 

Stuhl 4:            Also ich habe welche. Wenn wir schon so offen darüber reden.

 

Schweigen.

 

Stuhl 3:            Ich habe auch welche.

 

Stuhl 2:            Ich auch.

 

Stuhl 1:            Ich auch.

 

 

7.

 

Ein Flur. Es klingelt an der Wohnungstür. Ein Mann öffnet.

 

 

Alte:                 Ich habe es gerade gehört. Das tut mir so leid für Sie.

 

Er:                   Tja.

 

Alte:                 Kam das –

 

Er:                   Ja. Kam.

 

Alte:                 Ich will ja nicht unverschämt sein. Nicht dass Sie denken, ich wäre unverschämt.

 

Er:                   Nein.

 

Alte:                 Wissen Sie, es gibt ja viele Menschen, die sich darüber das Maul zerreißen. Da

könnte ich Ihnen Sachen erzählen. Und wie geht es Ihnen?

 

Er:                   Ja. Gut. Gut. Also – nein, gut. Ja.

 

Alte:                 Gott, Sie Armer. Wie mein Mann gestorben ist, war es auch nicht einfach für

mich.

 

Er:                   Das tut mir leid.

 

Alte:                 Eine ganz schwere Zeit. Er war ja auch zuckerkrank.

 

Er:                   Oh.

 

Alte:                 Nein, das war schon belastend. Das kann ich jetzt sagen. Es war dann schon gut,

als er endlich gestorben ist. Wissen Sie, und ich bin ja auch nicht mehr die

Jüngste. Mit dem ganzen Wasser in den Beinen. Treppensteigen ist eine Qual für

mich. Aber was soll man machen?

 

Er:                   Nichts. Da kann man nichts machen.

 

Alte:                 Aber ich will Sie ja auch nicht abhalten. Ich habe es ja nur eben auf dem Markt

gehört, und dachte mir, da klingele ich mal bei Ihnen und frage, ob das alles so

stimmt.

 

Er:                   Ja, stimmt.

 

Alte:                 Herrje. Können Sie denn nichts machen? Sie sehen wirklich nicht gut aus.

 

Er:                   Ich müsste mich mal rasieren.

 

Alte:                 Aber vielleicht war es auch gut so.

 

Er:                   Vielleicht.

 

Alte:                 Nein?

 

Er:                   Sie ist nur nicht mehr da.

 

Alte:                 Mein Mann ist auch nicht mehr da.

 

Er:                   Das tut mir ja auch leid für Sie.

 

Alte:                 Ich sag Ihnen: es ist nicht einfach für mich.

 

Er:                   Nein. Ja.

 

Alte:                 Sie können sie ja immer noch anrufen. Aber ich kann nicht mehr mit meinem

Mann reden.

 

Er:                   Sie hat mir keine Nummer hinterlassen.

 

Alte:                 Ich bete ja jeden Abend, aber das ist ja kein Gespräch. Und zu meinem Mann

bete ich ja nicht, er ist ja nicht der Herrgott.

 

Er:                   Ja, beten, das habe ich mir auch schon überlegt.

 

Alte:                 Man sagt ja immer so schön: jetzt hilft nur noch beten.

 

Er:                   Aber eigentlich bin ich nicht religiös.

 

Alte:                 Sie können Sie ja immer noch anrufen.

 

Er:                   Ich glaube an gar nichts.

 

Alte:                 Man sagt ja immer so schön: Ruf mal wieder an.

 

Er:                   Wer sagt das?

 

Alte:                 Na alle. Alle auf dem Markt, in der Stadt, alle, überall.

 

Er:                   Alle?

 

Alte:                 Wären Sie so nett, mir die Einkaufstüte hochzutragen?

 

 

8.

 

Hinter den Lidern eines Mannes.

 

 

Er:                   Und dann kommt sie auf mich zu und sagt: Na? Und ich sage: Hallo Kleines.

Und nehme sie in den Arm. Und sie ist so schön weich. Und dann küssen wir

uns. Und dann will sie mit mir schlafen. Und danach noch einmal. Und dann

legt sie ihren Kopf auf meine Brust. Und wir schlafen ein. Und träumen

nur einen bösen Traum voneinander. Und wachen auf. Und sind glücklich.

 

 

9.

 

Ein Sofa. Ein Mann zwischen Engel und Teufel. Engel links, Teufel rechts. Sie trinken Bier.

 

 

Engel links:                 Laß dich nicht fertigmachen.

 

Teufel rechts:             Scheiß Weiber!

 

Engel links:                 Jetzt trinken wir uns einen.

 

Teufel rechts:             Und dann noch einen.

 

Engel links:                 Dann sieht die Welt wieder ganz anders aus.               

 

Teufel rechts:             Du lügst doch.

 

Engel links:                 Und wenn schon.

 

Teufel rechts:             So kenn ich dich ja gar nicht.

 

Engel links:                 Jetzt wird erst mal einer getrunken. Prost.

 

Teufel rechts:             Prost. Dann sieht die ganze Sache nicht mehr so –

 

Engel links:                 Wirst schon sehen.

 

Teufel rechts:             Wird schon.

 

Engel links:                 Ist ja nicht das einzige auf der Welt.

 

Teufel rechts:             Diese Weiber.

 

Engel links:                 Sind noch viele Fische für dich im Meer.

 

Teufel rechts:             Scheiß Lügner!

 

Engel links:                 Das Leben geht weiter.

 

Teufel rechts:             The show must go on. Prost.

 

Engel links:                 Wir finden einfach eine Neue.

 

Teufel rechts:             Angeln einen Fisch.

 

Engel links:                 Prost!

 

Teufel rechts:             Scheiß Fische. Ich wette, sie hat jetzt schon nen Neuen.

 

Engel links:                 Nein.

 

Teufel rechts:             Fickt schon rum, wahrscheinlich. Und hat wieder mit dem Rauchen

angefangen.

 

Engel links:                 Diese –

 

Teufel rechts:             Scheiß Weiberfische. Mösenfische. Prost!

 

Engel links:                 Prost.

 

Teufel rechts:             Und der Wurm ist der neue Schwanz, in den sie reinbeisst. Haha! Prost!

 

Engel links:                 Prost!

 

Teufel rechts:             Genau in diesem Moment.

 

Die beiden schweigen und scheinen zu horchen.

 

Engel links:                 Und?

 

Teufel rechts:             Ja Prostata!

 

Engel links:                 War da was?

 

Teufel rechts:             Nix war da.

 

Engel links:                 Schwör!

 

Teufel rechts:             Ich schwöre.

 

Engel links:                 Auf was?

 

Teufel rechts:             Auf den ersten Kuss.

 

Engel links:                 Auf den ersten Kuss.

 

Teufel rechts:             Prost.

 

Engel links:                 Prost.

 

Pause

 

Teufel rechts:             Das war schon was.

 

Engel links:                 Damals.

 

 

10.

 

Eine Kinokasse. Hinter der Theke die Kartenverkäuferin. Ein Mann steht davor.

 

 

Verkäuferin:                Hallo.

 

Er:                               Hallo.

 

Verkäuferin:                Einmal?

 

Er:                               Ja.

 

Verkäuferin:                Welcher Film?

 

Er:                               Ich denke, der in der Zwei.

 

Verkäuferin:                Ein Fisch namens Vagina?

 

Er:                               Ja.

 

Verkäuferin:                Zehn Euro bekomme ich dann.

 

Er:                               Sie lachen ja gar nicht.

 

Verkäuferin:                Sollte ich?

 

Er:                               Ja. Nein. Ich weiß nicht.

 

Verkäuferin:                So lustig finde ich den Titel dann auch wieder nicht.

 

Er:                               Über mich, meinte ich.

 

Verkäuferin:                Warum? Sind Sie so was wie ein Komiker?

 

Er:                               Nein. Nein, bin ich nicht.

 

Verkäuferin:                Wollen Sie noch was zu trinken kaufen? Kümmerling kostet 1 Euro.

 

Pause

 

Er:                               Haben Sie nacher noch etwas vor?

 

Verkäuferin:                Ich spiele mit meinem Mann Memory. Oder Verstecken.

 

 

11.

 

Eine Frau beim Schminken.

 

 

Sie:                  Lass ihn nicht da sein, ja? Bitte, Gott. Wir wissen doch beide, dass es nicht gut

ist, wenn er mich sieht. Die ganze Woche freue ich mich schon auf’s

Wochenende. Ich will einfach Spaß haben. Mich entspannen. Das gönnst du mir

ja wohl. Oder nicht? Ich kann ruckzuck meine Religion ändern. Wenn du

Scheiße baust und er doch da ist, bete ich eben den Teufel an oder so. Und das

willst du ja nicht, oder? Siehst du. Laß mich einfach heute abend mit jemanden

flirten. Mit einem netten. Und gutaussehend. Einer, mit dem ich mich einfach

nur gut unterhalten kann. Ein Glas Wein trinken. Du weißt, ich brauche das jetzt.

Und wenn wir schon darüber reden, ich finde meine Hüften immer noch zu breit. Wann passiert da mal was?

 

Pause

 

Dass das auch wieder so ein Reinfall sein musste. Ich habe wirklich zuerst

gedacht, das ist er. Endlich. Der Mann für mein Leben. Wie er gerochen hat.

Und die Lippen. Die weichen Haare.

 

Sie zündet sich eine Zigarette an.

 

Dieser Arsch. Hat mich nur verarscht. Wie alle. Wie der letzte. Und der

davor. Ich bin einfach zu nett. Hörst du, Gott. Ich bin einfach zu nett. Zu nett zu

allen. Zu ihm. Zu dir. Dabei liebe ich doch. Ich liebe doch. Ich bin die letzte, die

das verdient.

 

12.

Ein Mann vor dem Fernseher. Er schaltet durch die Kanäle.

 

Er:                   Irgendwann bleibt Dir nichts anderes, als

Aber das bringt Dir genauso viel wie

Du weißt Du würdest lieber was

Du hast keine Ahnung wie Du

So entscheidest Du Dich für

Du solltest Dir besser mal

Und dann fängst Du an zu

Immerhin fragst Du Dich ob

Dann schaffst Du’s noch bevor

Wenn Du noch denken kannst was

Oder Du hast bereits verloren weil Du

 

13.

 

Im Internet. Google und ein Mann sitzen an einem Tisch vor einem Browserfenster.

 

Google:            Sex-Probleme sind für die Mehrheit der Frauen ein Trennungsgrund.

 

Er:                   Nein, Sex war in Ordnung.

 

Google:            Im Alltag beruflich stark eingebundene Paare scheitern im Urlaub besonders

häufig.

 

Er:                   Urlaub war in Ordnung.

 

Google:            Ein Seitensprung ist immer noch Trennungsgrund Nummer 1 bei Paaren.

 

Er:                   Nein.

 

Google:            Trennungsgrund: Er ruft ständig an!!!

 

Er:                   Nein.

 

Google:            Das Tagebuch des Partners gelesen.

 

Er:                   Nein.

 

Google:            Die Schwiegereltern.

 

Er:                   Nein.

 

Google:            Gewalt. Chat-Bekanntschaften. Zu unterschiedliche Interessen.

Auseinanderleben.

 

Er:                   Nein. Nein. Nein. Nein.

 

Google:            Keine Mithilfe im Haushalt Fehlende Gemeinsamkeiten

Kommunikationsprobleme Abwertungen Meckern im unbewussten Auftrag der

Eltern Angst vor Nähe und Verschlungenwerden Aggressive und sexuelle

Bedürfnisse werden nicht adäquat geäußert Infantile Riesenansprüche Daraus resultierende Enttäuschung und unterdrückte Wut Langeweile und Überdruss durch zuviel Nähe und Zweisamkeit Zuwenig oder zuviel Harmonie Keine gemeinsamen Tätigkeiten Zuwenig Kontakt nach außen Zuwenig Aufmerksamkeit Streicheleinheiten vom Partner Unterdrückter Ärger.

 

Pause

Er:                   Nein.

 

Google:            Meinten Sie: „Kein Kuss, der sich in den Buchten ihrer Lippen bricht und sich

                        dann als warmer Körper über dich deckt, so dass du vergessen darfst, wie es

                        ist, wenn das Bett zu groß für dich alleine ist.“

 

Pause

 

Google:            Meinten Sie: „Kann ich von hinnen, da mein Herz hier bleibt? Geh, frostge Erde,

                        suche deine Sonne!“

 

Pause

 

Er:                   Hast du eine Freundin?

 

Google:            Ungefähr 810.

 

14.

 

Eine Bühne. Ein Mann steht in einem Scheinwerferspot.

 

Er:                   Was ist die perfekte Freundin? Eine, die sich nach dem Sex in zwei Kisten Bier

                        und die fünf besten Freunde verwandelt.

 

Pause

 

Er:                   Ein Mann kommt betrunken nach Hause und sagt zu seiner Freundin: "Ich

                        mache dich heute zur glücklichsten Frau der Welt!" Sie antwortet: "Schön, aber

                        ich werde dich trotzdem vermissen!"

 

Pause

 

Er:                   Wie nennt man einen Mann der 99% seines Denkvermögens verloren hat?

                        Geschieden.

 

15.

 

Eine Bushaltestelle. Ein Mann mit einer Plastiktüte (Aufdruck: STOLZ) steht da und wartet. Neben ihm ein anderer.

 

Er:                   Wie lächerlich. Lächerlich das Ganze. Wie er da wartet auf irgendwas, auf den

                        Bus oder wasweißich. Damit er irgendwohin kommt, wo er wieder auf

                        irgendwas anderes wartet. Oder auf irgendwen. Oder er denkt, jemand würde auf

                        ihn warten. Lächerlich.

                        DU.

                        BIST.

                        LÄCHERLICH.

 

Anderer:            Ich warte nur auf den Bus.

 

Er:                   Lächerlicher Wixer, das bist du.

 

Anderer:            Auf den Bus warte ich.

 

Er:                   Lüg mich nicht an. LÜG MICH NICHT AN.

 

Anderer:            Meine Mutter liegt im Krankenhaus. Sie hat sich die Pulsadern aufgeschnitten

                        gehabt.

 

Er:                   NIX!

 

Anderer:            Ich fahr sie mit dem Bus besuchen. Ich habe sie in der Badewanne gefunden.

 

Er:                   Lächerliches Muttersöhnchen. Weißt du was du bist? Du bist Ödipus. Du liebst

                        deine Mutter, du Muttersöhnchen, und allein dafür könnte ich dir alle deine

                        Zähne zu Pulver schlagen. Was weißt du schon.

 

Anderer:            Sie freut sich immer, wenn ich komme.

 

Er:                   Nix weißt du, nix freut sie sich. Sie ist eine Schlampe wie alle.

 

Anderer:            Ich bringe ihr was mit.

 

Er:                   Badeschlampe.

 

Anderer:            Sie freut sich, weil ich ihr Blumen vorbringe. Blumen sind die Sprache

                        der Liebe, sagt man so schön.

 

Er:                   Sagt wer?

 

Anderer:            Fleurop zum Beispiel. Und Valentinstag. Und Muttertag sagen das.

 

Er:                   Lächerlich. Ödipus. Schlampenmutterfickersöhnchen.

 

Anderer:            Das sind Rosen, dafür, dass sie und mein Vater mich gemacht hat. Dass ich ein

                        Kind ihrer Liebe bin. Etwas ganz eigenes. Ein Ich. Dankbar. Worauf ich stolz

                        bin.

 

Er:                   Das kommt mir nicht in die Tüte.

 

Anderer:            Ich warte nur auf den Bus, wie gesagt.

 

Er:                   Wohin fährt der? Schon nach gestern?

 

Anderer:            Es gibt keinen Bus, der da anhält.

 

Pause

 

Anderer:            Und was haben Sie da in der Tüte?

 

Pause

 

Er:                   Sachen.

 

Anderer:            Was für Sachen?

 

Er:                   Die gehören nicht mir. Die muss ich zurückgeben.

 

Der Mann holt einen Schlüpfer, einen Deodorant, ein Haargummi, eine Socke, ein Buch und eine Cremedose aus der Tüte.

 

Anderer:            Wie lächerlich.

 

Er:                   Die gehören nicht mir.

 

Anderer:            Lächerlicher Wixer, das bist du.

 

Er:                   Ich warte nur auf den Bus? Auf den Bus warte ich?

 

Anderer:            Lüg mich nicht an. LÜG MICH NICHT AN.

 

Er:                   Meine Freundin wartet auf mich? Ich habe mir die Pulsadern aufgeschnitten?

 

Anderer:            NIX!

 

Er:                   Ich fahr sie mit dem Bus besuchen. Ich habe --

 

Anderer:            Es gibt keinen Bus, der da anhält.

 

16.

 

Eine Party. Ein Mann steht mit einem Weinglas in der Hand in einer Ecke des Raumes. Ein anderer mit schwarz-gefärbten Haaren in der nächsten Ecke. Ein dritter mit entblößtem, muskulösen Oberkörper in der dritten Ecke. In der vierten Ecke ein weiterer Mann mit Glas in der Hand, schwarz-gefärbten Haaren und muskulösem, entblößten Oberkörper.

 

Männer (durcheinander):        ich habe mir

                                                habe mir die haare schwarz

                                                gefärbt die haare

                                                warum bei den muskeln

                                                damit jemand mich fragt

                                                warum bei den haaren

                                                ich mir die haare gefärbt habe

                                                schwarz

                                                irgendjemand eben

                        mich fragt nur

                        darum

                        nicht weil es der friseur vorgeschlagen hat

                        schwarz hätte er nie vorgeschlagen

                                                sicher nicht ist doch schwul

                                                bei den muskeln

                                                der frisur

                                                dem ganzen

                                                man trinkt doch hier ich habe mir ein glas geholt

                                                warum

                                                damit jemand mit

                                                mir

                                                mir anstösst

                                                irgend

                                                jemand

                                                jemand eine frau

                                                wäre schön

                                                schön wärs

                                                die mir das glas füllt

                                                und mir mein herz

                                                wenn sie leer sind beide so einfach geht das

                                                geht das nicht so einfach

                                                nein

                                                so geht das nicht dazu braucht es was

                                                was hast du dabei

                                                nichts dabei da ist doch

                                                nichts dabei habe ich

                                                brauche ich das doch

                                                brauche ich was noch

                                                was

                                                mit uns nicht stimmt

                                                stimmts

                                                was nicht

                                                wieso

                                                weil

                                                was

                                                wer

                                                mit wem zu tun hat

                                                haben will bitte

                                                bitte irgendjemand

                                                bitte

                                                ein glas

                                                eine frage

                                                ein blick

                                                ein muskelzucken

                                                eine frau

                                                irgendeine das wäre soviel

                                                schön wäre das

                                                schön eine schöne frau

                                                und es wäre schön wenn du

                                                bei mir bleibst

                                                heute nacht

                                                soviel getan und so wäre es doch

                                                für immer

                                                irgendeine

                                                wäre schön

                                                schön

                                                schöner

                                                am schönsten

                                                eine frau

                                                eine

 

17.

 

Ein Bett. Ein Mann und eine Frau darin. Beide nackt, unter der Bettdecke.

 

Er:                   Ich weiß nicht.

 

Sie:                  Was denn.

 

Er:                   Ob ich das – ob wir das.

 

Sie:                  Also?

 

Er:                   Ich weiß nicht.

 

Sie:                  Gib mir einen Kuss.

 

Er:                   Davon wird es auch nicht besser.

 

Sie:                  Nein?

 

Er:                   Nicht, dass ich nicht wollte.

 

Sie:                  Was dann?

 

Er:                   Kennst du das, wenn du –

 

Sie:                  Pssst.

 

Er:                   Nein, ich –

 

Sie:                  Schon gut.

 

Er:                   Es ist nicht wegen dir.

 

Sie:                  Ich weiß.

 

Er:                   Laß uns schlafen.

 

Sie:                  Und morgen?

 

Er:                   Keine Ahnung.

 

Sie:                  Wachen wir nebeneinander auf und fühlen uns noch schlechter.

 

Er:                   Vielleicht. Ja. Aber –

 

Sie:                  Ich sollte einfach gehen, jetzt noch.

 

Er:                   Aber wir können doch einfach schlafen. Nur schlafen.

 

Pause

 

Sie:                  Nein. Das ist keine gute Idee, denke ich.

 

Er:                   Bleib hier. Es ist schön.

 

Sie:                  Ja, leider.

 

Er:                   Gib mir einen Kuss.

 

Sie:                  Jetzt auf einmal?

 

Er:                   Nein. Ja. Es ist nur –

 

Sie:                  Was?

 

Er:                   Nichts.

 

Sie:                  Sag schon.

 

Er:                   Das klingt aber ziemlich abgedroschen.

 

Sie:                  Was denn.

 

Er:                   Schon tausendmal gehört eben. Im Fernsehen, als wäre das eine Soap. Mann..

 

Sie:                  Mach’s einfach nicht noch komplizierter. Sag. Es. Einfach.

 

Er:                   Okay.

 

Sie:                  Okay.

 

Er:                   Ich.

 

Pause

 

Er:                   Ich bin.. Ich fühle. Also ich bin oder fühle mich also einsam. Wirklich einsam.

                        Und mit dir – nicht.

 

Pause

 

Sie:                  Aha.

 

Er:                   Ich habe ein Gefühl, in mir drin, das frisst sich durch alles durch. Als hätte ich

                        Hunger, obwohl ich satt bin. Ich zittere. Siehst du.

 

Pause

 

Sie:                  Ich gehe.

 

Er:                   Warum. Ich wollte nicht.

 

Pause            

 

Er:                   Du hast mich jetzt falsch verstanden. War klar.

 

Sie:                  Glaube ich nicht. Nein wirklich. Du brauchst nur irgendjemand neben dir. Das

                        muss gar nicht ich sein. Hätte auch die Blonde gewesen sein können, neben uns

                        an der Bar.

 

Er:                   Oh Gott. Nein.

 

Sie:                  Dann sag mir –

 

Er:                   Es war so klar. Da versuche ich dir –

 

Sie:                  Unterbrich mich nicht.

 

Er:                   Aber ich wollte – ich habe dir doch gesagt – Herrgott!

 

Sie:                  Warum ich? Gib mir eine Antwort darauf.

 

Er:                   Das geht nicht.

 

Sie:                  Wieso nicht. Wieso GEHT das nicht?

 

Er:                   Weil es einfach so passiert ist, das ist einfach so.

 

Sie:                  Einfach so.

 

Er:                   Passiert. Ja. Ich.. du hättest ja nicht mitkommen brauchen.

 

Sie:                  Und jetzt bin ich schuld.

 

Er:                   Nein, natürlich nicht.

 

Sie:                  Du bist so –

 

Er:                   Was?

 

Sie:                  Ich gehe.

 

Er:                   Na toll.

 

Sie:                  Jede weitere Minute mit dir reg ich mich mehr auf.

 

Er:                   Du willst nicht verstehen.

 

Sie:                  Hast du meine Uhr gesehen.

 

Er:                   Die ist – auf dem Tisch da.

 

Sie:                  Was ist denn das hier?

 

Sie hält eine Kondomverpackung in der Hand, die am Tischrand lag..

 

Sie:                  Schon alles schön zurechtgelegt. Machst du das immer so?

 

Er:                   Nein. Das ist nur Zufall, das..

 

Sie:                  Sicher.

 

Er:                   Ich erkläre es dir nicht. Nichts erkläre ich. Du glaubst mir sowieso nichts.

 

Pause

 

Sie:                  Ich frage mich echt, warum ich mit dir mitgekommen bin.

 

Er:                   Kein Wunder, dass sie mit mir Schluß gemacht hat. Ich würde auch mit mir

                        Schluß machen, wenn ich könnte. Autos fahren an meinem Fenster vorbei und

                        hupen ständig, um mich zu erschrecken. Das Telefon klingelt, wenn ich

                        abnehme, legt auf der anderen Seite jemand auf. Ich könnte schon tot sein, ohne

                        es bemerkt zu haben.

 

Schweigen. Sie zieht sich zügig ihre Kleider an.

 

Er:                   Wie spät ist es.

 

Sie:                  Kurz nach vier.

 

Pause

 

Er:                   Hörst du das?

 

Sie:                  Was.

 

Er:                   Die Vögel draußen. Das Zwitschern. Der Lärm, den sie machen.

 

Sie:                  Und?

 

Er:                   Das schlimmste Geräusch, das ich kenne. Obwohl die Fensterläden unten sind.

                        Es kommt durch, es kommt immer durch, egal was ich mache. Immer.

 

Epilog

 

Herz:               Was ist passiert? Wo kommst du denn her?

 

Licht:               Nichts. Nichts ist passiert. Von da hinten komme ich. Siehst du?

 

Herz:               Ich dachte, ich wäre gestorben, verdammt.

 

Licht:               Das denken die meisten.

 

Herz:               Und jetzt?

 

Licht:               Jetzt kannst du gehen.

 

Herz:               Wohin?

 

Licht:               Such’s dir aus.

 

Herz:               Wirklich? Und wenn es wieder passiert?

 

Licht:               Sehen wir uns wieder. Das ist alles.

 

Herz:               Das ist alles?

 

Licht:               Das ist alles.

 

S c h w a r z