schmidt kommt zum rtw und sagt: wir haben heute die rutsche. berger hat den plan umgestellt. er tritt gegen den vorderreifen und flucht: verdammte scheiße. scheißrutsche. dieser dreckskerl will mir nur einen reinwürgen wegen der ritzerin neulich. er hats irgendwie mitgekriegt. die ritzerin. ja. wir werden zu einer alten frau geschickt, die sich mit dem wehrmachtsdolch ihres toten mannes die adern angeschnitten hat. da ist gar kein blut, sagt schmidt angepisst. die oma hat so einen niedrigen blutdruck und ist sowieso anämisch, die schnitte wirken zwischen den vielen leberflecken und falten wie kleine risse, durch die das blut wieder zurück in die adern gesickert ist. hör mir zu, oma. schmidt beugt sich zu ihrem runzligen ohr runter, wenn du uns nochmal wegen so einer beschissenen nummer anrufst, nur damit du ein bißchen aufmerksamkeit bekommst, sorge ich dafür, dass du in die klapse kommst. hast du das verstanden? den dolch nimmt schmidt mit, wenn ich am steuer sitze, holt er ihn aus dem handschuhfach und säubert sich die fingernägel mit der klinge. du fährst, sagt schmidt und wirft mir die schlüssel zu. es ist freitagabend. wir checken erst die ausrüstung durch, bevor wir einsteigen. ich hole den filzstift aus meiner brusttasche und frage, wieviel ? schmidt überlegt, dann sagt er, ein kalter, drei steaks. I /// male ich an die windschutzscheibe, unter das S, unter das H daneben schreibe ich II /. ich habe das bild eines aufgebrezelten golfes vor mir, der fahrer wird’s überleben, die beiden mitfahrer nicht. auf geht’s, sagt schmidt und zündet sich eine zigarette an. es ist freitagabend, regen setzt ein. die rutsche ist eine 2o km lange landstraße, die mehrere kleindörfer mit dem stadtnachtleben verbindet. 18 tote und 43 schwerverletzte allein im letzten jahr. ich und schmidt haben 13 kalte und 26 steaks mitgekriegt, die mit ihren autos von der strasse gerutscht sind. diese strasse ist ein monster, sagt schmidt und pult mit dem dolch den daumennageldreck hervor. irgendwann frisst sie auch uns auf, mann. ich antworte nichts darauf, im gegensatz zu schmidt mag ich die rutsche. besonders am wochenende. nach jedem unfall mischt sich ein einzigartiges parfum zusammen. alkohol. schweiß. aftershave. thc. zigarettenrauch. benzin. blut. mcdonalds. kot. kotze. öl. pisse. jedesmal schließe ich die augen, bevor ich ins wageninnere schaue, sauge die luft mit dem geruch in die nase und stelle mir ein olfaktorisches unfallbild zusammen. ein auto voller frauen, 2 tot, 3 im fond schwerstverletzt, schmidt und ich sind immer die ersten rettungskräfte am unfallort. als ich die erste tote auf der tragbahre habe und schmidt sich um weitere unterstützung bemüht, piept es aus der tasche des mädchens. ich denke, sie war 16 oder so, etwas zu stark geschminkt, um die pickel zu kaschieren und hatte sich an der nackenstütze das genick gebrochen. ich greife in die tasche und hole ihr handy raus. 1 neue nachricht, steht auf dem display. ich knie mich neben die tote und lese die sms. MINDY TUT MIR LEIT WENN ICH VORHINN BÖSE WAR HAB DICH SOO LIEB LAS UNS REDEN RUF MICH AN ILD. PETER. ich schaue mir das mädchen an. deine eltern werden eine neue nachricht bekommen, wahrscheinlich noch heute nacht, denke ich. peter weiß nicht, dass er eine post-mortem-sms geschickt hat. zu spät, peter. ein paar minuten vorher und sie wäre vielleicht umgedreht, anstatt mit 180 aus der kurve an den baum zu knallen. schau dir das an, sagt schmidt und deutet auf das blut und die knochensplitter auf der strasse. willkommen auf der rutsche, sagt schmidt. ja. der regen prasselt jetzt stark auf die windschutzscheibe, und ich starre auf das H, der scheibenwischer arbeitet sich mühsam durchs wasser. das fettet die rutsche ein, sagt schmidt. ja, sage ich. die prolokisten werden nur so durch die gegend fliegen, der verdammte berger. die rücklichter des autos vor uns flammen rot auf. ich stelle den funk an, die leitstelle schickt teams quer durch die stadt, wir bekommen keinen auftrag. nachdem ich die handyuhr zurückgestellt habe, schreibe ich eine nachricht. ICH VERGEBE DIR, PETER, tippe ich auf die tastatur ein und sende den satz zurück, stelle die uhrzeit wieder um und lege das handy dem toten mädchen wieder in die jackentasche. dabei berühre ich zufällig ihre linke brust, ich kann die brustwarze kurz auf der handfläche spüren. sie ist hart. seit damals habe ich 10 mal diesen satz geschrieben, an männer und frauen, die sich an den abenden vor ihren unfällen mit ihren partnern zerstritten haben. schmidt weiß nichts davon, er hasst die rutsche. ich nicht. |